Von Erdbeben und Vulkanen

Guten Morgen meine Lieben,

 

heute habe ich mal wieder frei und will Euch einen kurzen Bericht über die Situation hier geben:

Die Erdbeben, über die in n den Nachrichten so viel berichtet wurde waren so weit weg von Puebla, dass wir hier kaum betroffen waren.

Ein einziges Erdbeben haben wir tatsächlich mitbekommen: Lutz und ich liegen mit dem Rücken zueinander lesend im Bett und es wackelt und wackelt,bis ich denke: "Kann er vielleicht mal aufhören, sich so im Bett hin und her zu schmeißen?!" Ich drehe mich also um, um ihm das zu sagen und sehe eine Lutz, der völlig ruhig im Bett liegt! Aber: Das Bett wackelt trotzdem weiter und unsere Zimmertür schwingt sanft hin und her!... Erdbeben! 

Also nichts wie raus aus dem Bett, die Jungs alarmiert und raus aus dem Haus - das war zumindest mein erster Gedanke... Aber bevor ich auch nur aus dem Zimmer raus war, war schon alles wieder vorbei!

 

Seitdem warten eigentlich alle Experten hier auf eine Reaktion des Popocatepetls, unseres Hausvulkans, der ja immer ein bisschen aktiv ist. Schon als wir hier letzten Sommer ankamen, hing zumindest immer ein kleines Qualmwölkchen über dem Krater als sichtbares Zeichen, das der Berg lebt und fleißig vor sich hinkocht. Die Einheimischen haben uns besorgte Europäer aber ganz schnell aufgeklärt, dass das ein sehr gutes Zeichen ist: 

Solange Wölkchen da sind, weiß man, dass der Vulkan Dampf ablassen kann. Bedenklich wird es erst, wenn er mal tagelang keine Rauchzeichen gibt, weil sich dann offensichtlich Druck im Inneren aufbaut und nicht rauskommt! Guck mal, dachte ich mir, was man so alles noch lernt! Seit circa einer Woche nun hat man am Popo gesteigerte Aktivitäten festgestellt...

Wenn ich jetzt in Deutschland sitzen würde, hätte ich sofort den Katastrophenfilm "Dantes Peak" im Kopf und deshalb gucke ich auch nicht gerne Katastrophenfilme. Alles ist so extrem überzogen!... 

Also: der Popo rumort ein bisschen mehr; will heißen, der Herr hat ein bisschen Bauchdrücken und der Lavapegel ist etwas hochgegangen. Für die Mexikaner ist das hier ganz normal; der Popo bricht wohl alle 12 Jahre mal aus. Auch da kommen jetzt Fernsehbilder bei mir hoch, von Lavaströmen, die alles verschlingen... 

"Ausbrechen" heißt hier aber lediglich, dass es mal laut knallt und der Vulkan sein Inneres mit viel Druck in die Luft hustet, wobei auch eben Lavabrocken dabei sein können, aber bei weitem keine Lavaströme. Um von den Brocken getroffen zu werden, sind wir aber wohl zu weit weg; nur die Dörfer, die unmittelbar am Fuß des Vulkans sind, sind tatsächlich vorgestern vorsichtshalber mal geräumt worden.

 

Worum wir uns hier aber tatsächlich Gedanken machen müssen, ist die Asche, die wir ja jetzt schon so ein bisschen mitkriegen (Jeden Morgen ist das Auto mit einer feinen Staubschicht bedeckt, so wie bei uns, wenn mal wieder Sahara-Sand angeweht wird).
Aber auch damit hat man ja hier Erfahrungen: In der Schule Klassensätze mit OP-Masken an alle Klassenlehrer verteilt, mit denen alle Schüler und Lehrer ausgestattet werden und man bereitet sich darauf vor, dass man bei einem akuten Ausbruch Fenster und Türen abdichtet uns dann auch mal einen ganzen Tag das Gebäude nicht verlassen darf, bis der Spuk vorüber ist. 

Das war wohl vor 12 Jahren so, wie mir die älteren Lehrer erzählt haben. Was ganz gut ist, ist dass im Moment schon so ein bisschen die Regenzeit angefangen hat und es so gegen 16-18 Uhr abends schüttet wie aus Eimern, sodass die ganzen Aschepartikel, die im Moment die Luft hier extrem trocken machen, schön gebunden werden und man morgens wieder klare Luft hat. 

Zur Zeit fühlt es sich also an, als würde ich irgendwo auf der Welt in einer Großstadt mit hoher Smog-Belastung wohnen. In Bangkok zum Beispiel war ganz ähnliche Luft. Wir trinken viel und halten die Schleimhäute mit Kräuterbonbons feucht.
Die hohe Trockenheit ist ja hier sowieso ein Problem (die Kehrseite des wirklich IMMER schönen Wetters). Was ich überhaupt nicht verstehen kann, ist dass es hier in den Apotheken ja wirklich ALLES zu kaufen gibt, aber keine Nasensalbe oder Meerwassernasensprays oder irgendetwas anderes, um die Schleimhäute feucht zu halten. Also warten die Leute hier, bis sie vor lauter trockenen Schleimhäuten mal wieder einen dicken Infekt haben und die Ärzte verschreiben dann als Allheilmittel Antibiotika. Von einigen habe ich sogar schon gehört, dass sie sich mal prophylaktisch eine Antibiotika-Spritze geben lassen... Da haben wir eine ganz andere Vorstellung davon, was gut für unseren Körper ist... Na ja, jeder wie er meint...

Ich bin jedenfalls mal gespannt, wie es mit dem Popo weitergeht. Im Moment sieht er einfach spektakulär aus: Eine ziemlich große Wolke steigt den ganzen Tag aus dem Krater hoch und zieht dann als wunderschöne Formation über den Himmel... Besonders im Licht der Morgensonne sieht das irre aus. 

 

Ehrlich gesagt erinnert mich das an die schönen dicken Wattewolken, die immer über das Dorf meiner Kindheit hinweggezogen sind: Wir wohnten in unmittelbarer Nähe eines Braunkohlekraftwerks und die Kühltürme produzierten genau die gleichen schönen schneeweißen wattedicken Wolken wie der Popo gerade. Das Wolkenband hing dann immer auch im Hochsommer bei eigentlich strahlend blauem Himmel über unserem Dorf und wir hatten laut Messungen die zweithöchste Staubbelastung in ganz NRW...

Eigentlich fühle ich mich also im Moment ganz wie zu Hause!

 

Wen es interessiert, der kann sich hier die Bilder und Videos des "Centro National de Prevencion de Desastres" mit life-cam vom Popocatepetl angucken:

=> https://www.gob.mx/cenapred/es/archivo/articulos

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