Rambo und die griechische Wildnis (1)

Das wildeste Tier, das mir in meiner Heimat Kettwig bisher begegnet ist,  ist die Katze unserer Nachbarn, die eine stolze Freigängerin ist und die Gärten ringsum fest unter ihrer Herrschaft hat... 

Und in Österreich habe ich mal voller Faszination eine Wasserschlange beobachten dürfen, die sich hektisch durchs Gras in Richtung See wand...

In Mexico hatten wir massenhaft niedliche Gekkos als Haustiere und wurden mal von wilden Wespen heimgesucht (=> "Wie man in Mexico Wespen fängt)... 

Griechenland scheint - was das Tierreich angeht - das bisher spannendste Land zu sein, in dem ich längere Zeit verbringen durfte:

 

Es fing damit an, dass ich in der ersten Woche unseres Aufenthaltes hier morgens meine Hose anziehen wollte und ein niedlicher kleiner Gekko heraussprang. Mein Mann und ich haben ihn eingefangen und schön im Garten wieder laufen lassen... Netter Zwischenfall, den ich natürlich sofort mit Freunden und Familie auf whatsapp geteilt habe! Postwendend kam die Antwort meiner Freundin, die ein Haus auf den Pelepones haben: 

"Noch ein Tipp, nichts auf der Terrasse liegen lassen, Skorpione und Tausendfüßler mögen auch gerne Unterschlupfe; wenn die stechen bzw. beißen ist das schon sehr schmerzhaft. Die kommen überall hin, lieben dunkle feuchte Stellen. Frag doch mal eure Vermieter, ob sie das auch schon festgestellt haben. Wir hatten gestern Abend zwei vor der Haustür. Schlappen nehmen und drauf."... 

Skorpione???!!! ... Oh bitte nicht!!! Wir haben grade erst unsere wunderschöne Sitzecke oben auf der Dachterrasse fertig! Wenn ich da jedes Mal Angst haben muss, wenn ich mich hin setze... aber wie sollen die in den dritten Stock bis hoch auf die Terrasse kommen? Können die wohl an Hauswänden hoch krabbeln?....Doch bestimmt nicht! Oder doch?...

Als Deutscher ist man ja mit solchen Tierchen nicht aufgewachsen und von daher außer im Zoo noch nie mit ihnen in Berührung gekommen und jetzt merke ich bei mir große große Unsicherheit und Unruhe... Was mache ich denn jetzt? Wie sieht ein Leben mit Skorpionen aus? Ob ich wohl daran denke, meine Schuhe immer erst mal auszuschütteln, bevor ich sie anziehe? Und krabbeln die auch in den Kleiderschrank? Grusel grusel!... 

 

So geht das nicht! Genau! Vermieter fragen! Erst mal schnell die Treppe runter und bei Anna angeklopft: 

"Maria! Du musst mir helfen! Meine Freundin sagt, dass es hier vielleicht Skorpione gibt! Hast du schon mal einen gesehen?" 

"Skorpione? Nein nein! Hahaha. Keine Angst! Hier gibt es nur Schlangen."

"SCHLANGEN?!!!"

"Ja, zwischen den Olivenbäumen. Wenn ihr in den Olivenhain geht (wir haben hinter dem Garten dreissig Olivenbäume, die zum Grundstück gehören), müsst ihr auf jeden Fall immer Gummistiefel anziehen!"

Ok, wie beruhigend! Keine Skorpione, aber dafür Schlangen...

Die gute Nachricht: Schlangen können DEFINITIV NICHT drei Stockwerke an der Hauswand hoch krabbeln...puh! 

Die Sitzecke ist gerettet!

Und mit Schlangen im Olivenhain, den ich sowieso nie betrete, kann ich leben! Locker! Also mal schön die Sorgen und Unsicherheit wieder ad acta gelegt...

 

Hab ich eigentlich schon erzählt, dass meine Vermieter einen Tick haben? Das Haus, das sie vor ein paar Jahren für sich selbst gebaut haben und dann zwei Jahre bewohnt haben, bevor sie nach Deutschland gezogen sind ist picobello gepflegt und alle Böden und die Ausstattung sind nur vom Feinsten. Und besonders penibel sind sie mit ihrem Rasen. Der Garten sieht aus wie eine Parkanlage mit wunderschönen Laternen und riesigen top gepflegten Rasenflächen. Und dieser Rasen wird unglaublich intensiv gehegt und gepflegt:

Jede Nacht wird vollautomatisch alles bewässert und spätestens alle vier Tage taucht Anna mit dem großen Benzinrasenmäher auf und zieht stundenlang ihre Bahnen. Lutz und ich haben uns das brav angeguckt und uns vorgenommen, wenn sie ihren Urlaub hier beendet hat und wieder nach Deutschland abreist nur noch alle zwei Wochen Rasen zu mähen. Das, was sie da veranstaltet ist nun wirklich etwas zu viel des Guten!

 

Dann kam der Tag der Abreise und Maria war weg. Dafür stand aber eine Woche später ihr Bruder vor der Tür. Mist! 

Es war Montag Morgen, Lutz hatte seinen ersten Arbeitstag und ich war zum ersten Mal alleine zu Hause und wollte es mir so richtig gemütlich machen. Also rannte ich auch um 11.00 Uhr noch im Schlafanzug rum, als mein Handy klingelt: 

"Hallo Claudia, hier ist Maria. Mein Bruder steht vor dem Tor und möchte mein Auto auf dem Grundstück abstellen. Kannst du ihn bitte rein lassen?"

"Ja klar doch! Gerne! Ich mache ihm sofort das Tor auf! Tschüüühüß!"

Scheiße! 10 Sekunden! So schnell war ich noch nie angezogen!...  

Freundlich lächelnd habe ich dann Annas Bruder samt seiner netten Frau aufs Grundstück gelassen, wo er Annas Auto abstellte und anfing, es mit einer Plane abzudecken... 

Während er also hier fest zurrt und da fest zurrt, haben die Schwägerin und ich uns nett unterhalten. Zumindest haben wir versucht, auf Englisch ein paar Nettigkeiten auszutauschen. Sie hat mir Tipps für einen Trip nach Chalchidiki gegeben, dazu noch eine lustige Geschichte über König Xerxes erzählt und mir dann ganz ganz eindringlich ans Herz gelegt, doch hier die Katzen zu füttern... 

"Katzen füttern, dachte ich mir...Wir? Nie im Leben!" 

Lutz hat eine Katzenhaarallergie und mag überhaupt keine Tiere und ich bin auch eher der Hunde-Typ...

"Anna habe das auch immer gemacht und auf die Art und Weise immer 2-3 Katzen auf dem Gelände gehabt!"

"Auch noch 2-3 Katzen? Nein danke!!!"

"Die Katzen hätten dann schön auch alles gefressen, was da so im hohen Gras (der Rasen war inzwischen 3 cm hoch) rumkriecht... auch die Schlangen!"...

...

...

...

VERDAMMT!!!

Jetzt weiß ich, warum Maria dauernd Rasen mäht!...

LUUUUHUUUTZ! Du musst mal wieder Raaasen määähen!!!

 

Seit einer Woche ist meine Schwägerin zu Besuch und gestern morgen wollten wir eine kleine Radtour am Meer entlang machen. Also die Räder aus dem Unterstand geholt und fertig gemacht und ein paar Kleinigkeiten für unterwegs eingepackt. 

Da meine Schwägerin noch nie auf einem e-Bike gesessen hat und sie große Angst davor hatte, mit dem Rad zu verunglücken, habe ich sie schon mal auf unsere Einfahrt geschickt, damit sie ein bisschen üben kann, während ich den Rucksack packe. 20 Sekunden später steht sie wieder in der Tür, blaß und zitternd und laut schreiend... Oh mein Gott, so schnell ist noch keine meiner Freundinnen mit dem Fahrrad gestürzt!... Blut?... Schürfwunden? ... Ich scanne ihren Körper ab...Nein, nichts!... Was gebrochen? ... Nein, bis auf ihr Schreien steht sie ganz locker vor mir...

"Ich gehe nie wieder über die Wiese!" Sie hatte, um zur Einfahrt zu kommen, das Rad um das Haus herum über die Wiese den Berg rauf geschoben... Ist sie da hin gefallen?...

"Nie nie wieder betrete ich diese Wiese! DA IST EINE SCHLANGE!"

Schlange? WOW! Wo ist mein handy? Wo genau ist die Schlange? Schnell raus, bevor sie wieder heim in die Olivenbäume kriecht!...

Und am Rand der Wiese liegt tatsächlich der Kopf einer toten Schlange: breit, flach und gemustert wie ein Leopard! WOW! Wenn man sich den fehlenden Körper noch dazu fantasiert, war sie ein wahres Prachtexemplar! Und von dem Kopf weg führten Katzenpfoten-Abdrücke durch den Staub die Treppe zur Einfahrt hoch... Alle Achtung! Da hat die Gartenkatze, die bis vor zwei Wochen noch von Anna gefüttert wurde aber ganze Arbeit geleistet! Mutiges Tier!

Natürlich haben wir den Schlangenkopf erst mal Schlangekopf sein lassen und  unsere kleine Fahrradtour trotzdem gemacht... 

Und auf dem Weg am Meer entlang sind wir direkt über die nächste Schlangeleiche gestolpert. Die lag überfahren auf einer Straße... 

Ist heute Schlangentag? Haben wir die griechische Tierwelt bisher dermaßen unterschätzt?! Als Lutz abends nach Hause kommt, haben wir ihm erst mal unseren Fund gezeigt und er war ebenfalls gebührend beeindruckt. 

Es wurde dann beschlossen, gleich am nächsten Tag Katzenfutter zu kaufen, um die in unserem Garten ansässige Katze, der ich insgeheim den Namen "Rambo" gegeben hatte, wieder enger an uns zu binden. So schläft man doch direkt besser, wenn man weiß, dass treue Tiere einen vor den Gefahren der griechischen Wildnis da draußen beschützen!

 

Heute morgen ließ uns die Schlange aber irgendwie nicht los - immerhin hatten wir ja auch noch kein Futter für Rambo gekauft - und beim Frühstück haben wir dann mal gegoogelt, um was für eine Schlangenart es sich denn wohl handeln könnte. Meine Schwägerin hatte übrigens gestern abend direkt noch meinen Buder informiert, der sofort seinen geplanten Besuch hier stornieren wollte.

Wenn man im Internet "Schlangen Griechenland" eingibt, trifft einen nämlich  erst mal der Schlag: 

Es gibt hier die meisten Giftschlangen in ganz Europa! Zum Glück habe ich aber keine Angst vor Schlangen und so habe ich fröhlich rum gegoogelt: Wiesennatter?... Gartennnatter?...Kreuzotter?... Hornnatter (sehr giftig!)?... Leopardennatter? ... Toll, was es alles gibt, aber irgendwie stimmte die Zeichung auf dem Kopf so gar nicht mit unserem Schlangekopf überein... 

Meine Schwägerin, die übrigens einen ganzen Koffer voll Klamotten mitgebracht hat, den sie für ihre vielen zukünftigen Urlaube bei mir direkt hier lassen wollte, wurde im Laufe des Frühstücks immer blasser und murmelte irgendwann nur noch vor sich hin: "Italien"... "Ich mache nur noch Urlaub in Italien!"... bis mir dann endlich die zündende Idee kam: Unsere Nachbarn in Kettwig halten Schlangen als Haustiere! Wenn Jemand weiß, was das für eine Schlange ist, dann sie! 

"Guten Morgen liebe Nachbarn, guckt mal was heute morgen auf unserer Wiese lag. Wisst Ihr, welche Schlangenart das sein kann? Die wilde Katze, die hier rum streunt, hat sich den Rest gut schmecken lassen...hahaha"... Die Antwort kam sofort (Ich wußte, dass ich den richtigen Telefonjoker gewählt hatte!): "Guten Morgen Claudia, das müsste der vordere Teil einer Wechselkröte sein. Liebe Grüße"

...

Ahhhh!... haaaa!... Wechselkröte!!!...Kröte... nicht Schlange?...

google google...

Vielleicht ist die ja trotzdem giftig?...

Witzig wie das Gehirn sich wehrt, die spannende Idee von Gefahr uns Abenteuer so schnell wieder aufzugeben, wenn es sich einmal daran fest gebissen hat!

Wir waren fast ein bisschen enttäuscht...

Wechselkröten sind jedenfalls harmlos und sehen genau so aus, wie das Ding da im Garten: 9cm groß mit hübschem Leopardenmuster... Rambo hatte sich lediglich die Froschschenkel schmecken lassen...

Meine Schwägerin hat es mit Humor genommen und meinem Bruder direkt eine Entwarnung geschickt:

"ALLES GUT! WAR EIN FROSCH!"

 

Übrigens

Meine Schwägerin, die ja so panische Angst vor Schlangen hat, scheint irgendwie Blut geleckt zu haben! Sie ist vor zwei Minuten von ihrer Sonnenliege aufgesprungen, auf der sie es sich neben mir auf der Dachterrasse bequem gemacht hat: 

"Was ist denn DAS da langes Dünnes, das da in der Auffahrt liegt? Ich geh da mal gucken!!! ... ... ...

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